Neues vom Hochland

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Am Chencho Lham in Tsophu

von Dorji Bidha, Drukgyel Farmers

Letzten Sommer machten Am Ania aus Polen und ich den Jomolhari Trek. Am dritten Tag trafen wir auf dem Weg nach Tsophu, Am Chencho . Es war Sommer, regnete in Strömen und wir waren völlig durchnässt. Als Am Chencho uns sah, begrüßte sie uns mit mehreren Tassen Milchtee. Obwohl ihre Kinder in den Ferien bei der Hausarbeit und der Yakaufzucht helfen, ist sie die meiste Zeit ganz allein.

Am Chencho lud uns zum Mittagessen ein, aber wir lehnten höflich ab, da wir erst kurz zuvor gefrühstückt hatten. Wie jedes Jahr übernachtete Am Chencho in ihrem provisorischen Sommerquartier, einem schlecht ausgestatteten Zelt. Starke und raue Winde wehen heftig durch ihre Behausung. Ich erwähnte ihr gegenüber das Bhutan Network und sie wusste sofort Bescheid, da der Verein Bhutan Network schon mehreren Hochlandbewohnern in der Himalaya-Region geholfen hat. Ich versprach ihr, dass ich Bhutan Network bitten würde, ihr mit einem ordentlichen Zelt und einer Powerbank zu helfen. Sie antwortete mir, dass sie warten würde, selbst wenn es ewig dauert, da sie Freunden hat, die ein Zelt, einen Herd, eine Powerbank und Gasflaschen erhalten hätten. Das hat ihnen sehr geholfen und das Leben ein bißchen erleichtert.

An trockenen Wintertagen ist es extrem kalt und Am Chencho wacht gegen 7 Uhr morgens auf und trinkt ihre erste Tasse Tee. Nach einer halben Stunde bereitet sie in heißem Wasser das Futter für die Kälber vor. Die Yakhirten kümmern sich immer besonders um die Kälber, da diese in der extremen Kälte schwer überleben können. Danach melkt sie die dri, wie die Yakkühe genannt werden. Bullen werden im Allgemeinen Yak genannt, wobei es je nach lokalen Dialekten einige Variationen gibt. Am Chencho zum Beispiel nennt ihre Yakkühe jim und die Bullen joli. Die Milchleistung im Winter ist vergleichsweise geringer als im Sommer, da es kein frisches Gras gibt. Gegen 9 Uhr morgens,treibt sie ihre Yaks auf den Bergrücken und kehrt nach Hause zurück, um Hausarbeiten zu erledigen. Zuerst bereitet sie ihr Frühstück vor und dann holt sie Wasser, gleichzeitig sammelt sie den gesamten Yakmist ein und stapelt ihn in der Nähe ihres Hauses.

Aum Chencho hat 70 Yaks und die meiste Zeit zieht sie mit ihnen durchs Hochgebirge auf der Suche nach Weideland. Sie übernachtet in Notunterkünften. Die größte Herausforderung für sie ist der Mangel an fließendem Wasser und Strom. Eine kleine Solaranlage wäre eine große Hilfe, da sie hoch oben in den Bergen genug Sonnenlicht bekommt. Bhutan Network hat ihr kürzlich ein Zelt gesponsert und Am Chencho ist sehr begeistert, denn das Zelt läßt sich einfach auf- und abbauen. Sie kann es problemlos überall hin transportieren, wo es einen guten Cordycep-Platz gibt. Früher schleppte sie Baumstämme, Stangen und Plastikplanen mit sich, um ein Zelt aufzubauen. Das war harte Arbeit und äußerst umständlich. Am Chencho hat gegen viele Herausforderungen anzukämpfen, unter anderem auch, dass sie an kalten und trockenen Frühlingstagen Yaks an Schneeleoparden verlieren kann.

Im Vergleich zu früher hat sich das Leben für Am Chencho und ihre Familie jedoch völlig verändert. Heute haben die Semi-Nomaden zumindest Strom und fließendes Wasser in ihren festen, einstöckigen Häusern weiter unten. Am Chencho fühlt sich insgesamt wohler und ist glücklicher als zuvor. Aufgrund der jüngsten Abwanderungswelle nach Australien sind allerdings auch einige Junge aus dem Hochland weggezogen. Am Chencho ist sich nun nicht mehr sicher, ob ihre Kinder bereit sein werden, hier zu bleiben, um sich um die Yaks und den traditionellen Haushalt zu kümmern. Wenn Organisationen wie das Bhutan Network helfen, sehe ich jedoch einen Hoffnungsschimmer für die Jugend im mächtigen Himalaya-Gebirge.